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Pflegemängel in der Praxis

Mangelnde Pflege -wenn die Pflegekraft leidet

Drei Jahre lang besucht ein angehender Alten- oder Krankenpfleger eine Fachschule, um sich nach dem erfolgreichen Abschluss in seinem Job verantwortungsvoll um kranke und pflegebedürftige Menschen zu kümmern. Das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die nicht jeder Person liegt. In der Fachschule werden das Handwerk für eine professionelle Pflege, aber moralische Werte vermittelt. Dennoch kommt es im Pflegealltag immer wieder zu Missständen, die in der Presse Empörung ausrufen. Sind daran wirklich immer die Pflege- und Leitungskräfte schuld, oder leiden auch sie unter einer mangelnden Versorgung?

Keine Verteilungsgerechtigkeit

Finanziert werden alle Gesundheits- und Pflegeleistungen vom deutschen Gesundheitssystem. Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Ärzte und andere Personen aus dem Gesundheitswesen erhalten ihr Geld aus diesem großen Topf. Es kommt trotzdem zu einer Verschlechterung der Pflegeleistungen an bedürftige Personen – weil das Geld falsch verteilt wird.
Bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends hat sich der DBfK, der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe e.V., in einer Stellungnahme über die „mangelnde Verteilungsgerechtigkeit“ in Deutschland beschwert, die einen Pflegeverzicht erzwingt. Pflegekräfte können aufgrund einer finanziellen, zeitlichen und personellen Unterversorgung keine professionelle Pflege mehr anbieten. Es ist von einem „aufgezwungenen Pflegeverzicht“ die Rede, die für Pflegekräfte auch ethische Zweifel aufrufen. Als Fachkraft in einem Pflegeberuf unterliegt man einen Ethikkodex, der eine ethische, rechtlich, und fachlich begründete Pflege fordert. Doch wie soll diese Pflege geleistet werden, wenn die Rahmenbedingungen diese nicht zulassen.

Angekündigter Pflegenotstand schon eingetreten

Der drohende Pflegenotstand, von dem immer wieder in der Presse zu hören ist, ist bereits Realität in vielen Regionen der Bundesrepublik. Hohe moralische und fachliche Anforderungen stehen eine enorme Belastung und ein geringer Verdienst gegenüber. Bei der letzten Tariferhöhung erhielten Pflegefachkräfte rund zwei Prozent mehr Gehalt. Bei Ärzten betrug der Lohnanstieg im gleichen Zeitraum hingegen mehr als vier Prozent. Diese mangelnde Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitswesen ist ein Beispiel dafür, warum es zu einer drastischen Verschlechterung der Pflegeleistungen in Deutschland kommt.
Der rasante Anstieg von ausländischen Pflegekräften aus dem Ausland führt zu einer weiteren Verschlechterung der Situationen. Die meisten Arbeitnehmer stammen aus dem osteuropäischen Ausland, sie geben sich häufig mit selbst ausgehandelten Löhnen unterhalb tariflicher Zahlungen zufrieden. Private Träger, aber auch öffentliche Einrichtungen können ihre Personalkosten damit senken und die finanzielle Existenz sichern. Dass mangelnde Kenntnisse der deutschen Kultur und vor allem der deutschen Sprache hingegen zu deutlichen Problemen in der täglichen Pflege führen, wird dabei nur zu häufig übersehen.

Pflege muss akzeptiert werden

Damit sich die Situation in deutschen Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern verbessert, müssen die Pflegeberufe in der Gesellschaft mehr Anerkennung finden. Sie fristen noch immer ein Schattendasein und genießen daher auch keine Unterstützung in der Politik. Jedem Einzelnen in der Gesellschaft sollte allerdings klar sein, dass er früher oder später auch auf die Unterstützung der Pflegeleistungen zurückgreifen muss – und dann bestimmt nicht von der „mangelnden Verteilungsgerechtigkeit“ betroffen sein möchte.

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